interview


MarioAUT

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von der offiz. HP

Kürzlich fand ein Gespräch von Gernot Aglas mit Johann Rinner statt. Er war Funktionär des SK VÖEST Linz, als dieser Fußballklub in der Blüte seiner Jahre stand und in den 70iger Jahren des vorigen Jahrhunderts am Zenit seiner Vereinsgeschichte angelangt war. Hier einige Auszüge aus diesem Gespräch:

Gernot Aglas: Herr Rinner, wie ist das werte Befinden?

Johann Rinner: Vielen Dank, mir geht es soweit gut. Ich genieße den Sommer mit meiner Gattin und dem Hund in meinem kleinen Haus in Traun und bin mit der Gartenarbeit sehr beschäftigt. Diese hält mich fit, aber auch das Schwimmen und Radfahren (Johann Rinner feierte kürzlich seinen 84. Geburtstag)

Gernot Aglas: Verfolgen Sie noch das Sportgeschehen?

Johann Rinner: Natürlich. Die Olympischen Spiele sehe ich mir derzeit an und auch die Fußballeuropameisterschaft in Portugal im Juni gefiel mir sehr gut. Ich gönne dem Deutschen (Otto Rehagel) den Titel mit den Griechen von Herzen, da er für meine Begriffe ein guter Trainer ist. Aus österreichischer Sicht ist es traurig, was im allgemeinen aus unserem Leistungssport geworden ist. Gerade bei Olympia könnten wir mehr ,reißen´ und zum Thema Fußball möchte ich nichts mehr sagen. Wir können nicht schwitzen, das ist unser Problem, es geht uns einfach zu gut, denn wir haben ja alles. Länder, die sich Stück für Stück Dinge erarbeiten müssen, da legen dann auch die Sportler eine ganz andere Einstellung an den Tag. Wir sind zu behäbig in Österreich, ausser beim Schifahren, das ist unser Sport Nummer 1.

Gernot Aglas: Dennoch müssen wir über Fußball sprechen. Schließlich waren Sie viele Jahre lang beim SK VÖEST aktiv.

Johann Rinner: Das stimmt. Als wir im Jahre 1946 (26. Juli) den Sportklub gegründet hatten, durfte ich schon dabei sein. Bis 1981 zu meiner Pensionierung hatte ich viele Ämter inne, zum Schluß war ich geschäftsführender Obmann des SK VÖEST und übergab den größten Sportklub Österreichs mit 18 Sektionen, begonnen hatten wir mit deren 3. Die Fußballer waren natürlich unser Prunkstück. Nicht ganz ohne Stolz, denn in meiner Ära stiegen wir von ganz unten in die 1. Österr. Bundesliga auf im Jahre 1969 und nur fünf Jahre später waren wir Österreichischer Fußball-Meister. Auch zwei Vize-Meisterschaften konnten wir feiern und hatten, als wir 1978 Willi Kreuz nach der für Österreich erfolgreichen Fußball-Weltmeisterschaft in Argentinien nach Linz holten, einen wahren Zuschauerboom von über 10.000 Besuchern pro Heimspiel. Diese Zahl wurde davor und danach nie mehr wieder erreicht. Auch die Auftritte im Europacup waren ein Erlebnis, wenngleich wir die erste Runde leider nie überstanden hatten (Dynamo Dresden, CF Barcelona, Vasas Budapest und Zbrovjonka Brünn hießen die Gegner der VÖEST-Fußballer auf internationalem Parkett damals) Aber wir konnten als erster Verein im Sommer 1972 den Intertoto-Bewerb gewinnen - vergleichbar mit dem heutigen UI-Cup. Dies gelang zuvor noch keiner österreichischen Mannschaft. 1975 gewannen wir ebenfalls diesen Sommerbewerb.

Gernot Aglas: Nach Ihrem Ausscheiden ging es stetig bergab.

Johann Rinner: Nein, so möchte ich das nicht sehen. Es war nur so, daß es meine Nachfolger Franz Ruhaltinger und in späterer Folge Erhard Koppler nicht leicht hatten, war doch Mitte der 80iger Jahre die große Stahlkrise und im Werk wurde überall gespart. So auch bei den Fußballern.

Gernot Aglas: Dann die Umbenennung des Vereins und in späterer Folge ...

Johann Rinner: ... die Liquidierung 1997. Der FC Linz war ohnehin mit dem Werk nicht mehr verbunden und der damalige Generaldirektor Peter Strahammer - ich möchte über Tote nicht herziehen (Strahammer verunglückte am 22. August 2001 im Zuge einer Wanderung in den Bergen tödlich) - wollte mit dem Sport nichts mehr zu tun haben, denn sein Metier war die Kultur. So kam eben die sogenannte Fusion mit dem Linzer ASK zustande, die in Wahrheit ...

Gernot Aglas: ... eine elegante Auflösung des seinerzeitigen SK VÖEST war.

Johann Rinner: Sie sagen es. Und die Stadt Linz sah zu und war dafür. Eigentlich traurig die ganze Geschichte. Wenn man sieht, was in Graz möglich ist und wenn man bedenkt, daß Linz viele Jahre, fast Jahrzehnte hindurch immer zwei Mannschaften ganz oben stellte - vor uns war ja Sparta, die spätere Stickstoff-Mannschaft neben dem LASK ein fester Bestandteil der Liga - dann denke ich mir heute noch, daß diese Hinrichtung unseres Vereins ein riesengroßer Blödsinn war. Umsomehr wenn man sieht, was aus dem LASK geworden ist, ein trauriger Hühnerhaufen, der niemanden mehr ins Stadion lockt. Eine gewisse Schadenfreude kann ich mir aber nicht verkneifen dabei, wenn ich sehe, daß bei diesem Verein auch nichts mehr weiter geht. Es wäre eben an der Zeit, daß Blau-Weiß (Nachfolgeverein des FC LINZ, derzeit in der Regionalliga Mitte beheimatet) endlich aufsteigt, dem Präsidenten (Hermann Schellmann) würde ich dies von Herzen gönnen, weil er sich so abmüht und Sponsoren sucht. Das ist heute nicht mehr so leicht wie früher. Die Firmen sparen und müssen zu allererst auf sich selbst und die Belegschaft achten. Wenn dann noch ein Kapital übrig bleibt, kann man Sponsor-Tätigkeiten in Erwägung ziehen. Es ist nicht mehr so leicht wie noch vor 30 Jahren und die Mäzene sterben langsam aus.

Gernot Aglas: Ihr Vorschlag dazu?

Johann Rinner: Ganz einfach - leistungsbezogene Verträge, weg vom Profi- hin zum Amateurfußball. Wir sind ein kleines Land und ich bin stolz auf dieses Österreich. Aber wir können uns keine satten Stars mehr leisten. Und unsere Talente schmoren und kommen nicht zum Zug und der teure sogenannte Star ist nicht immer auch besser, aber eben kostenintensiver. Die Vereine können sich dieses System nicht mehr leisten. Ein Umdenken müßte hier raschest einsetzen, denn sonst sehe ich für den gesamten österreichischen Fußball schwarz.

Gernot Aglas: Noch schwärzer?

Johann Rinner: Das Prinzip Hoffnung stirbt immer zuletzt. Das Gehaltsgefüge müßte man überdenken, die Kicker sollen zuerst einmal etwas leisten, bevor sie die Hand aufhalten. Wenn die Leistung stimmt, gibt es Geld und nicht umgekehrt. Ausserdem können sich doch auch die Leute mehr mit Spielern aus der Umgebung anfreunden, als mit satten Ex-Stars, die nur mehr zum Abkassieren nach Österreich kommen. Es ist traurig, daß es soweit gekommen ist, aber es ist noch nicht zu spät, daran etwas zu ändern. Der Herr Stronach investiert bei der Austria Millionen und es kommt nichts dabei heraus.

Gernot Aglas: Er umgibt sich vielleicht auch mit Leuten, die weniger Kompetenz besitzen?

Johann Rinner: Das mag sein. Dennoch fließen viele Gelder aus seinem Konzern in irgendwelche Kanäle und der Verein steht und bleibt auf der Strecke. Das kann doch auch nicht Zweck der Übung sein. Masse kann eben Klasse nie und nimmer ersetzen.

Gernot Aglas: Dem ist nichts hinzuzufügen. Werter Herr Rinner, viel Gesundheit weiterhin, Freude an der Gartenarbeit und alles Gute für Sie.

Johann Rinner: Ich danke herzlichst für das nette Gespräch.

Anmerkung: Johann Rinner, geboren am 5. August 1920, war bei der Gründung des SK VÖEST unter dem seinerzeitigen Namen "Eisen & Stahl" bereits am 26. Juli 1946 dabei. Im Sommer 1949 erfolgte die Umbenennung in SK VÖEST und er blieb als Funktionär seinem SK VÖEST bis ins Jahre 1981 treu verbunden. Danach trat er in den wohlverdienten Ruhestand. Auch, wenn er es im Zuge des Gespräches nie zugab, so schmerzt es ihn ausserordentlich, was aus einem Lebenswerk, dem SK VÖEST, geworden ist. Wir wünschen ihm noch viele schöne Jahre in Gesundheit und Zufriedenheit mit seiner Gattin und dem kleinen Hund

ein ganz grosser des blau-weissen linzer fussballs. mit 84 mehr auf der höhe als manch 20-jähriger...

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