Vorwärts in der Literatur


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Danke für die netten Worte über meinen Artikel im Buch "Wenn der Rasen brennt", freut mich sehr, dass es Euch gefällt. das Buch selber ist ein ordentlicher Schmöker geworden, wie ich grad selbst im Buchladen feststellen durfte - für 29 Euro kriegt man ca. 3 Kilo Buch...

7.jpg

ad gennaro: Das Buch ist im normalen Buchhandel erhältlich (wie bereits erwähnt zB beim Ennsthaler oder Thalia), es kann aber auch direkt beim Verlag bestellt werden unter http://jomo.org/biz/geschichte-heimat/index.php?buch=7

PS: ad Driftwood: Auf der Verlagsseite ist die ISBN-Nr. mit 3-902427-45-0 angegeben - ist das eh das gleiche oder hat der Steinmaßl Franz da was durcheinander gekriegt?

bearbeitet von franz ferdinand

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  • 3 weeks later...
First Hipster of Steyr, Born 1831!
Linienrichter mit Schirm, Stiefeln und Schnürlsamt

„... wenn der Rasen brennt... hundert Jahre Fußball in Oberösterreich“ heißt ein knapp fünfhundert Seiten starkes Buch von Michael John und Franz Steinmaßl, das in der Edition Geschichte der Heimat herausgegeben wird. Und der Rasen hat in diesen hundert Jahren unzählige Male gebrannt: Die Herausgeber bedienen sich vieler Gastautoren und beleuchten auch eingehend die oberösterreichische Fußballszene während des Naziregimes.

Zur Geschichte des oö Fußballs gehört Vorwärts Steyr wie die Butter aufs Brot oder das Bier und eine Bosner zum Fußballfan: Mehrere Kapitel sind dem rot-weißen Kultklub aus der alten Eisenstadt gewidmet: Von der Gründung, über die heißen Derbys gegen Amateure Steyr zum Aufstieg in die höchste Spielklasse und dem anschließenden tiefen Fall in die Niederungen der zweiten Klasse.

Große Siege

Besonders erwähnenswert ist ein Kapitel aus der Feder von Autor Erich Hack der das Fußballurgestein Rudi Strittich porträtiert hat: Strittich hat unter anderem für Vorwärts und Vienna Tore geschossen, er spielte für Österreichs Auswahl und feierte als Trainer Erfolge und Meisterschaften in Dänemark.

Im Buch leben die goldenen und die finsteren Zeiten von Vorwärts noch einmal auf, wird mancher Fan bei einst großen Erfolgen hängen bleiben: Beispielsweise ein 9:0 gegen LASK 1958 in einem Match der damaligen Staatsliga B oder ein 3:1-Sieg gegen die Wiener Austria im Cup 1978.

Weniger glorios aber nicht minder interessant berichtet Vorwärts-Fan Martin Steinwendner über die Unterhaus Jahre von Vorwärts nach dem Zwangsausgleich im Jahr 2000. Der Autor bezeichnet die Jahre in den untersten Ligen wider Erwarten als eine der schönsten und vermisst bereits heute in der Landesliga bierbäuchige Schiedsrichter, die Musikkapelle in Haidershofen und Linienrichter mit Schnürlsamthose Schirm und Gummistiefeln. (dmf)

OÖnachrichten vom 16.05.2008

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Weniger glorios aber nicht minder interessant berichtet Vorwärts-Fan Martin Steinwendner über die Unterhaus Jahre von Vorwärts nach dem Zwangsausgleich im Jahr 2000.

Weniger glorios??? :baseballschlaeger:

Ich hoffe, der Reporter meinte eigentlich "Über weniger gloriose Zeiten berichtet..." :)

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  • 2 weeks later...
Gast lenin

War eigentlich jemand bei dieser angekündigten Buch - Präsentation? Wundere mich, dass es danach gar keinen Kommentar gegeben hat. Hat das überhaupt stattgefunden? (und wie war`s?)

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  • 3 years later...
Anfänger

Weil es hier schon einmal vorgekommen ist, habe ich mir erlaubt, diesen Thread wiederzubeleben. Als kleine Aufmerksamkeit zum Titel gibt's meinen Beitrag über das Vorwärts-Stadion in "Das große Buch der österreichischen Fußballstadien" jetzt online, in voller Länge und gratis:

http://nulleffekt.net/vom-erdaepfelacker-zum-persertepich/

Viel Spaß!

PS: Wenn jemand gute Bilder vom Platz zur Verfügung stellen mag (vor allem auch ältere!), baue ich die gern in den Text ein.

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Liebe Vorwärts-Gemeinde!

10 Jahre Unterhaus gehen zu Ende und ich finde, dass das der richtige Zeitpunkt ist, innezuhalten und an die vielen besonderen Stunden zurückzudenken, die wir zwischen Aschach und Windischgarsten erleben durften. Da ich all das schon einmal zu Papier gebracht habe (im hier schon einmal erwähnten und 2008 erschienenen Buch "Wenn der Rasen brennt - 100 Jahre Fußball in Oberösterreich") und ich das Rad nicht noch einmal erfinden will, stelle ich hier als Erinnerungshilfe einfach meinen Artikel rein. Er ist als Buchbeitrag naturgemäß etwas länger und die Illustrationen fehlen hier auch, aber ich denke, dass er auch in der Form immer noch lesenwert ist. Und drei Jahre nach dem Erscheinen wird mir der Verlag auch nicht böse sein, wenn ich das kostenlos öffentlich mache... ;) Alsdann, los geht´s:

Die Zeiten ändern sich und wir uns in ihnen.

Die Unterhaus-Jahre des SK Vorwärts Steyr aus der Sicht eines Fans

Die Zeiten ändern sich und sie ändern sich so gravierend, dass man sich ab einem gewissen Zeitpunkt gar nicht mehr erinnern kann, dass es auch einmal anders gewesen ist als jetzt. Nur mit großer Anstrengung kann ich mich zurückversetzen und mir für einen kurzen Moment vergegenwärtigen, dass der SK Vorwärts einmal mehr als ein notorisch favorisierter Unterhaus-Klub war. 1988 aufgestiegen, hatte sich das einstige Gründungsmitglied der Staatsliga A in der höchsten österreichschen Liga etabliert und war über Jahre hinweg der einzige oberösterreichische Bundesligaverein gewesen. Woche für Woche durfte man dem größten Fußballer der UdSSR zujubeln und selbst als Oleg Blochin den Verein verließ, fanden sich immer noch bekannte Namen in den rot-weißen Reihen: Heraf, Madlener, Westerthaler, Kocijan, Vukovic, Waldhör – allesamt Nationalteamspieler und das zu einer Zeit, als das noch wirklich etwas bedeutete. Zugegeben, die Vorwärts spielte nie um den Titel mit, doch mit dem Abstieg hatten wir meistens auch nichts zu tun.

Doch dann riss der Faden. Und weil Hochmut vor dem Fall kommt, riss er genau in dem Moment, als wir uns alle zu Höherem berufen fühlten: 2:1-Auswärtssieg im UI-Cup bei Eintracht Frankfurt, Gruppensieger! Nächster Gegner: Racing Straßburg – Europa, wir kommen! Was danach folgte, kann man noch heute in Fußball-Skurrilitätenbüchern nachlesen: 43 Spiele ohne Sieg, Rückwärts Steyr, wie lustig.

Der gelernte Fußballfan weiß mit Demütigungen, selbst in solch einer Größenordnung umzugehen, denn morgen wird die Sonne wieder scheinen und nach der Saison ist vor der Saison. Doch die Luft war draußen. Der Wiederaufstieg nach zwei Jahren konnte nichts daran ändern, dass der in sich morsch gewordene Verein vor dem Ende stand. Auf dem Feld standen Profis, doch im Vorstand walteten Amateure, die dem hart gewordenen Fußballgeschäft nicht mehr gewachsen waren. Im Jänner 2000 folgte das Unvermeidliche, die Schuldenlast war nicht mehr zu bewältigen und der SK Vorwärts Steyr stellte den Spielbetrieb ein. Nie wieder Vorwärtsplatz. Ich saß in meiner Wohnung in Wien und weinte.

Tage wie dieser

Der 28. August 2001 war ein strahlender Sommertag, der seinen Glanz nicht nur der Sonne verdankte, sondern vor allem der Tatsache, dass die Vorwärts ihr erstes Heimspiel nach dem Zwangsabstieg bestreiten würde. Zwar in der achten und somit untersten Spielklasse Österreichs, zwar gegen das benachbarte 1.700-Seelen-Sorf Maria Neustift, zwar mit Spielern, deren mangelnde Bekanntheit nur noch durch ihr jugendliches Alter übertroffen wurde, aber immerhin – wir spielten wieder. Scharenweise zog es die Anhänger zum Vorwärtsplatz, Anhänger, die in den letzten Jahren wahrlich nicht viele Gelegenheiten zum Feiern gehabt hatten. In allen Gesichtern stand die Freude geschrieben, dass der Verein nicht untergegangen war, dass man wieder auf den Vorwärtsplatz gehen konnte. Spürbar das Vergnügen, die alten Stehplatznachbarn wiederzusehen, mit denen man sich bei jedem noch so unbedeutenden Spiel die Kehle heiser geschrieen hatte und von denen man geglaubt hatte, man würde sie nie wieder treffen. Jeder der bedächtig gesetzten Schritte auf die Tribüne, jedes Bier (nostalgischerweise in „max.Bundesliga“-Bechern ausgeschenkt), ja sogar die Bosner hatte an diesem Tag einen feierlichen Charakter. Alles war getragen von dem erhebenden Gefühl „Dass wir das noch erleben dürfen!“ und der Gewissheit, dass es von nun an bergauf gehen müsse, weil es tiefer nun nicht mehr gehen könne.

Es konnte. 1500 Zuschauer sorgten zwar für einen wohl ewigen Rekord in der 2. Klasse Ost, mussten aber gleichzeitig eine 1:3-Niederlage der wiedererstandenen Vorwärts mitansehen.

Ich habe mich oft gefragt, wie viel ein Fußballfan ertragen kann. Noch öfter wurde ich von verständnislosen Mitmenschen gefragt, wann denn endlich der Zeitpunkt sei, an dem ein Fan genug hat und aufhört, ins Stadion zu gehen. Die Wahrheit ist, dass es für all jene, die nach dieser Niederlage weiter zu Vorwärts-Spielen gegangen sind, diesen Zeitpunkt nicht gibt. Und wenn es ihn doch geben sollte, dann haben ich und etliche andere Leute in Steyr ihn übersehen. Denn eines steht fest: Wer einem Verein dabei zusieht, wie er in der ersten Liga alles verliert und er danach auch in der zweiten Liga zur Lachnummer wird, wer einen Konkurs, die Auflösung und die Verbannung in den dunkelsten Keller des österreichischen Unterhauses miterlebt und sehen muss, wie der Verein seines Herzens dann auch noch in der letzten Liga des Landes verliert und dann dennoch an einem Sonntag Nachmittag nichts besseres zu tun hat, als sich mit einem rot-weißen Schal auf einen Dorf-Fußballplatz im Bezirk Steyr-Land zu stellen, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen.

Lohn der Leiden

Doch nun kommt das Überraschende: Es lebt sich gar nicht schlecht als Fan in diesen Ebenen. Denn wer den oben geschilderten Punkt überschritten hat, wer weiß, dass er den Rest seines Lebens Herzblut an einen Verein verschenken wird, egal wo dieser spielen wird, der spürt so etwas wie eine Befreiung. Befreit vom Erfolgsdruck, befreit vom Zwang, unbedingt einen Sieg sehen zu müssen und endlich frei für das pure Vergnügen am Fußball und der Existenz seines Vereins. Gerade in der achten Liga war dieses Vergnügen besonders hoch: Jene 600-700, die in den ersten beiden Jahren des Neubeginns im Durchschnitt die Spiele der Vorwärts besuchten und denen es nicht zu blöd war, die Woche damit zu verbringen, Spielen gegen Kleinreifling, Großraming oder Waldneukirchen entgegenzufiebern, bekamen als Gegenleistung die Gewissheit, die absoluten Fans zu sein. Niemand konnte diesen Anhängern in punkto Leidensfähigkeit und Treue etwas entgegensetzen und auch jetzt noch, da der Verein in der fünften Liga spielt und Zuschauerschnitt längst bei 2500 Fans liegt, muss ein neu (oder wieder) dazugekommener Zuschauer damit rechnen, von einem der wirklich allzeit Getreuen bisweilen als „Erfolgsfan“ bezeichnet zu werden - ungeachtet der Tatsache, dass die Landesliga Ost nicht wirklich der glamouröseste Ort des Fußballsports ist. Man sieht, der Fan ist ein eitles und selbstgefälliges Wesen und nicht wenige Vorwärtsanhänger haben sich - ebenso wie der Verfasser dieser Zeilen - in der Rolle des ewigen, aber sympathischen Verlierers zu gefallen begonnen. Der Alltag auf den Dorfplätzen von Adlwang bis Weyer war also im Wesentlichen nicht so hart und demütigend für uns Bundesliga-erprobten Fans, wie man dies vielleicht vermuten könnte, sondern rückblickend der Ritterschlag für all jene, die den Weg nach wirklich ganz unten nicht gescheut haben.

Blasmusik und Bauernhof

Man sollte dabei jedoch nicht verschweigen, dass die untersten Ligen zu all dem bereits Gesagten noch einen weiteren unschätzbaren Vorteil hatten: Sie waren wirklich unterhaltsam. Denn nirgendwo sonst sieht etwa man Referees, an deren von Bierbauch und Vokuhila geprägten Anblick man sich auch in der zweiten Halbzeit noch nicht gewöhnt hat und deshalb einen Gutteil des Spiels damit zubringt, herzlich über diese zu lachen. Wahrlich, an Skurrilitäten sind sie nicht arm, die 2. und die 1. Klasse und schon jetzt, da wir erst die fünfte Liga erreicht haben, fehlt bereits mir so manches, was uns Fans das Unterhaus einfach sympathisch gemacht hat. Die Blasmusik von Haidershofen zum Beispiel, die extra aufspielt, wenn die Vorwärts gegen den örtlichen Verein antritt und somit unweigerlich Länderspiel-Stimmung verbreitet. Oder der 85-jährige Kartenabreißer in Aschach an der Steyr, der einen auf die Frage, ob es eine Studentenermäßigung gibt, ansieht, als stünde ein Außerirdischer vor ihm. Der Linienrichter in Aschach, der in Gummistiefeln, mit Hemd und langer Schnürlsamthose aufläuft und die 90 Minuten mit Schirm in der Hand absolviert. Die kulinarische Versorgung in Reichraming, die in Ermangelung einer Vereinskantine im Bauernhof neben dem Fußballplatz erfolgt, wo man – nachdem man den Platz kurzfristig verlassen muss – mit Most und Topfenbroten versorgt wird. Der Platzsprecher in Losenstein, der nach einem umstrittenen Vorwärts-Treffer mit der Durchsage „0:3 für Vorwärts Steyr. Torschütze: Der Linienrichter“ brilliert. Die Steyrtal-Museumsbahn, mit der man zum Auswärtsspiel nach Neuzeug anreisen kann. Und nicht zuletzt die landschaftliche Schönheit so manches Fußballplatzes: Wer sieht, wie sich in Ternberg der Steyr-Fluß elegant an den Platz heranschmiegt oder in Losenstein die Burgruine über dem Platz thront, der braucht keine Groundhopping-Berichte mehr von irgendwelchen peruanischen oder vietnamesischen Fußballplätzen. Apropos Fußballplätze: Da es außerhalb vom Vorwärts-Stadion in den gesamten unteren drei Ligen nirgends eine echte Abgrenzung zum Spielfeld gibt, gewann auch der Torjubel immens: Wo sonst ist es möglich, den Torschützen persönlich zu umarmen, indem man kurzerhand das Feld betritt?

Brüder, zur Sonne!

Wenn sich der geneigte Leser nun wundern sollte, warum die vorangegangen Absätze in der Vergangenheitsform geschrieben sind, obwohl die Vorwärts ja eigentlich noch immer unterklassig spielt, dann muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass die liebenswerte Sorglosigkeit der siebten und achten Liga bereits hinter uns liegt. Wie eingangs betitelt: Die Zeiten ändern sich und dies sowohl auf als auch neben dem Feld. Der SK Vorwärts hat sich bereits einige Stufen nach oben gekämpft und mit jedem Aufstieg hoben sich nicht nur die Erwartungen und die sportlichen Ansprüche, sondern auch die Zuschauerzahlen. Nach einem knappen zweiten Platz in der Saison 2001/02 gelang 2002/03 der Meistertitel in der 2. Klasse Ost und somit endlich der lang ersehnte erste Schritt aus dem sportlichen Jammertal; 1000 Fans jubelten damals ihrer Mannschaft in Großraming zu. Nach einem verkorksten erstem Jahr in der 1. Klasse Ost spielte die Vorwärts in der Saison 2004/05 groß auf und besiegte in einem Herzschlagfinale den ASK St. Valentin in Steyr vor damals wie heute unglaublichen 5000 Zuschauern. Deutlicher konnte das Signal nicht sein: Steyr war bereit für mehr. Obwohl nun eigentlich jeder sportliche Anpassungsprobleme und einen damit verbundenen Zuschauerschwund erwartet hatte, sollte sich das kleine rot-weiße Wunder prolongieren. Denn dank der Großzügigkeit des Präsidenten Jörg Rigger massiv verstärkt, gelang der Mannschaft auch im folgenden Jahr der nächste Meistertitel, diesmal in der Bezirksliga Ost. Spitzenspiele lockten auch in dieser Saison wieder bis zu 3500 Fans auf den Vorwärtsplatz. Die Landesliga Ost, also die fünfte Liga, war erreicht.

Wir sind die Vorwärts

Der sportliche Aufstieg und die steigenden Zuschauerzahlen blieben auch nicht ohne Auswirkungen auf die Fanszene in Steyr. Schon seit dem Wiederbeginn hatte die Fangemeinde im Verein eine ungleich wichtigere Rolle gespielt als zuvor in Bundesligazeiten; um den Betrieb zu erhalten, fanden sich etliche Fans plötzlich als Stadionsprecher, Jugendtrainer, Platzwart und Ordner wieder. Vor allem der alteingesessene Fanclub Rot-Weiß hat sich in dieser Zeit unschätzbare Verdienste um den SK Vorwärts erworben. Auf die Fans wurde und wird seit diesem Zeitpunkt im Verein gehört – der Anhänger ist nicht mehr der unwillig geduldete, unmündige Claqueur, seine Stimme wird nun auch außerhalb der 90 Minuten ernst genommen. Gerade in einer Zeit des ungebremsten Kommerzes im österreichischen Fußball, welche von willkürlichen Lizenzverkäufen und Vereinstransfers sowie von einem geradezu frevelhaften Umgang mit Vereinsnamen und -farben gekennzeichnet wird, ist der Fan wohl der letzte verbliebene Pfeiler der Vereinstreue und der Tradition. Kluge Vereine wissen dass und setzen auf den Identifikationsfaktor Fankultur, so auch der SK Vorwärts Steyr. Die von den Fans geforderte Wiedereinführung des angestammten Traditionswappens im Jahr 2004 und das Entgegenkommen des Vereins auf die Wünsche der Fans bei Fanartikeln und Choreographien sind beredtes Zeugnis einer neuen, positiven Geisteshaltung. Man fühlt sich in Steyr als Fan angenommen, mehr noch: man fühlt sich als integraler Bestandteil des Klubs und als Mitwirkender des neuen rot-weißen Wunders. Dieses Gefühl ist wohl der größte Wert des Wiederbeginns im Amateurfußball.

Apropos Choreographien: Die großen Fanbewegungen und Moden sind auch an Steyr nicht spurlos vorübergegangen und so hat sich auch auf der Südtribüne einiges getan. Angeregt durch die generelle positive Entwicklung der österreichischen Fanszene beschlossen einige arrivierte Fans des harten Kerns, auch in Steyr ihrem Verein nicht mehr bloß akustische, sondern auch optische Unterstützung zu liefern. Resultat waren und sind zahlreiche, teils sehr aufwendige Choreographien, die natürlich nicht immer perfekt waren, aber dennoch einen Vergleich mit dem Anhang von etlichen Profivereinen nicht scheuen müssen. Institutionalisiert wurden dieses Aktivitäten durch die Gründung der übergreifenden Fan-Plattform Südtribüne Steyr, welche durchaus als Zeichen der Weiterentwicklung der Steyrer Fanszene gesehen werden kann. Rückblickend ist eingetreten, was im Jahr 2001 keiner der auf Dorfplätzen herumstehenden Vorwärtsler ahnen konnte: Die Steyrer Fanszene und die von ihr erzeugte Stimmung ist besser als je zuvor und bereits über jene der Bundesligazeit zu stellen, über die man damals in so mancher österreichischen Stadt geschmunzelt hat - nicht ganz zu Unrecht, wie man sich heute eingestehen muss. Ich wage zu behaupten, dass dieser Aufschwung auf der Tribüne ohne den Wiederbeginn in der untersten Liga, ohne die noch engere Verbundenheit der Fans sowohl untereinander als auch mit ihrem Verein so nicht möglich gewesen wäre.

Der dunkle Schatten

Aktuell gibt es jedoch nicht nur Grund zum Jubel. Die Vorwärts-Anhänger mussten in der Landesliga Ost erfahren, dass der Zuschauerboom auf dünnem Eis steht, weil es des ständigen Erfolges bedarf, um die Euphorie aufrecht zu erhalten. Die neu gewonnenen Zuschauer wollen unterhalten werden und können meist nur dann wieder zum regelmäßigen Stadionbesuch animiert werden, wenn der Siegeszug der Mannschaft weitergeht. Im ersten Jahr, der Saison 2006/07, klappte der Vormarsch zunächst noch wunderbar: Nach dem obligaten Rückstand im Herbst spielte sich das Team in einen Rausch, der in einer grandiosen Aufholjagd und schließlich in der letzten Runde in einem Entscheidungsspiel gegen den direkten Konkurrenten Weißkirchen gipfelte. Auch die überregionalen Medien hatten längst von den fantastischen Zuseherzahlen in Steyr Wind bekommen und überboten sich in ihrer wohlwollenden Berichterstattung, die wohl kein einziges Mal ohne das Prädikat „Kultklub“ auskam. Etwas ungläubig verfolgten wir Anhänger diesen medialen Hype rund um unseren Verein – zu sehr waren wir bereits an die beschauliche Anonymität des Amateurfußballs gewöhnt, als dass wir damit gerechnet hätten. Und obwohl bekannt ist, was aus dem noch kurz zuvor von den Medien ebenso als Kultklub titulierten SV Pasching geworden ist, so fühlten wir Steyrer uns dennoch geschmeichelt und nicht wirklich unwohl in der Rolle des Liebkinds der Fußball-Nation. Nun bedurfte es eigentlich nur noch eines Sieges, um den Aufstieg in die vierthöchste Liga perfekt zu machen und damit das nächste Kapitel im Märchen der wunderhaften Rückkehr des SK Vorwärts zu schreiben. Ernsthafte Zweifel an einem Sieg hatte wohl kaum einer der unglaublichen 7000 Zuschauer, die sich diesen Festtag nicht entgehen lassen wollten und letztlich doch nur Zeugen einer Trauerfeier wurden. Löste Goalgetter Amarildo Zela mit seinem Führungstreffer zunächst noch den wohl lautesten und längsten Torjubel aus, den ich im Vorwärts-Stadion jemals erlebt hatte, so beendete der Weißkirchner Ausgleichstreffer und die folgende Torsperre rasch die Festtagsstimmung. Die nach Abpfiff auf den Rängen zu beobachtenden Frustrationstherapien bewegten sich irgendwo zwischen Schweigen, Heulen und unmissverständlichen Aufforderungen an Schiedsrichter und Exekutive, die Körperkräfte zu messen. Noch eine halbe Stunde nach Spielende sangen sich tausende Kehlen Trauer und Frust aus dem Leib, obwohl ihnen allen eher zum Weinen als zum Singen war. Ich weiß bis heute nicht, ob dieses Spiel nur ein kleiner Dämpfer oder aber der fatale Wendepunkt der Steyrer Erfolgsgeschichte war. „Hoffentlich war das nicht unser Bad Bleiberg!“ hörte ich mehr als einen Fan an jenem Tag sagen und auch ich musste damals unweigerlich an den tragischen Nichtaufstieg von Blau-Weiß Linz in die Zweite Bundesliga denken, einem Einschnitt, von dem sich dieser Verein bis heute nicht erholt hat. Der bisherige Verlauf des zweiten Jahres in der Landesliga Ost nährt die Befürchtung, dass auch unser Klub durch diesen verpassten Aufstieg einen schwereren Schlag bekommen hat, der allen Durchhalteparolen zum Trotz nicht ganz so einfach weggesteckt werden kann. Auch die Befürchtung eines sinkenden Zuschauerschnitts bei sportlichem Misserfolg hat sich im zweiten Jahr in der fünften Liga zum Teil bereits bewahrheitet – es steht daher zu hoffen, dass die Rückkehr des SK Vorwärts nicht ein Ende findet, bevor wir überhaupt wieder richtig da waren.

Whatever will be, will be

Trotz allem: Ich lüge nicht, wenn ich sage, dass die Zeit seit dem Wiederbeginn die bisher schönsten Jahre waren, die ich als Vorwärts-Fan verbracht habe. Nie war die Bindung höher, nie war der Schmerz größer, nie die Freude schöner. Seit ich die Unterhaus-Jahre des SK Vorwärts miterlebt habe, weiß ich, dass es Dir als Fan irgendwann egal ist, wo dein Verein spielt und gegen wen. Es ist nur noch wichtig, dass er spielt. Für einen Vorwärts-Anhänger, der eineinhalb Jahre lang befürchten musste, dass er nie wieder mit Schal um den Hals, Bier in der Hand und Freude im Schädel „Come on, you boys in red!“ singen könnte, ist jeder Stadionbesuch eine Freude – egal, ob die Mannschaft gegen Rapid gewinnt oder gegen Kleinreifling verliert. Der Zwangsabstieg hat uns allen das Schönste und Wesentlichste am Fansein bewusst gemacht: Ehrliche Hingabe, bescheidene Freude und der Beweis, dass Treue mehr ist als das besoffene Grölen von „You´ll never walk alone“.

Dieser Beitrag basiert zu einem nicht unbedeutenden Teil auf den vom gleichen Verfasser geschriebenen Artikeln „Ganz unten“ und „Zum Siegen verdammt“, die im April 2003 bzw. im Dezember 2005 im Fußballmagazin „ballesterer“ erschienen sind und für das vorliegende Buch völlig neu bearbeitet und erweitert wurden.

aus:

Rudolf John, Franz Steinmaßl (Hg.): ... wenn der Rasen brennt. 100 Jahre Fußball in Oberösterreich (2008), Verlag Geschichte der Heimat

http://www.geschichte-heimat.at/?buch=39&show=leseprobe

bearbeitet von franz ferdinand

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auch schon wurscht

Bad Bleiberg

na das hat sich aber ein wenig anders entwickelt, das war für mich die stunde der wahrheit. am höhepunkt die bitterste aller niederlagen einstecken und einfach weitermachen. come on you boys in red.

die szenen dieses spiels und vor allem nach diesem spiel waren für mich das schönste an bescheidenen 16 jahren vorwärts. wie diese truppe gefeiert wurde...

weißkirchen war für mich großes kino. ebenso wie mein erstes spiel nach wiederbeginn in kleinreifling - gegen diese truppe nicht gewinnen :aaarrrggghhh:

dieser platz, gefühlte 20 x 10 m groß - never forget!

und jederzeit wieder, lieber das als sk schnitzlplatzl steyr in grün-blau in der championsleague.

ach und die edith meint, dein beitrag ist recht super, herr thronfolger.

bearbeitet von rotblock

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Posting-Pate

Liebe Vorwärts-Gemeinde!

10 Jahre Unterhaus gehen zu Ende und ich finde, dass das der richtige Zeitpunkt ist, innezuhalten und an die vielen besonderen Stunden zurückzudenken, die wir zwischen Aschach und Windischgarsten erleben durften. Da ich all das schon einmal zu Papier gebracht habe (im hier schon einmal erwähnten und 2008 erschienenen Buch "Wenn der Rasen brennt - 100 Jahre Fußball in Oberösterreich") und ich das Rad nicht noch einmal erfinden will, stelle ich hier als Erinnerungshilfe einfach meinen Artikel rein. Er ist als Buchbeitrag naturgemäß etwas länger und die Illustrationen fehlen hier auch, aber ich denke, dass er auch in der Form immer noch lesenwert ist. Und drei Jahre nach dem Erscheinen wird mir der Verlag auch nicht böse sein, wenn ich das kostenlos öffentlich mache... ;) Alsdann, los geht´s:

Ein Klassiker in meinem IKEA-Regal auf Augenhöhe mit Franz Kafka, Reinhold Messner, Michelle Houllebeque und Josefine Mutzenbacher! :support::betrunken:

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